Die Gründung der Bundespflegekammer – Spielwiese für selbstverliebte FunktionäreOffiziell heißt die Organisation nun „Pflegekammerkonferenz (Arbeitsgemeinschaft der Pflegekammern – Bundespflegekammer)“ und hat sich in Form eines nicht eingetragenen Vereins gegründet. Nach eigener Aussage beansprucht die Bundespflegekammer „die Interessen der geschätzt 1,3 Millionen Pflegefachpersonen auf Bundesebene vertreten“. Dass es nur in drei Bundesländern Zwangspflegekammern gibt, die Teil der Bundespflegekammer sind – egal. Dass die Bundespflegekammer mit der bayerischen Vereinigung der Pflegenden ausdrücklich nicht zusammenarbeitet – egal. Der Vertretungsanspruch wird in erfrischend offener Hybris postuliert.
Insbesondere der Umgang mit der bayerischen Vereinigung der Pflegenden entlarvt die selbstverliebten Pflegefunktionäre. Denn eine Zusammenarbeit wird abgelehnt, weil bei den Partnern die Unabhängigkeit durch Mitgliedsbeiträge abgesichert sein muss und die Zahl der Mitglieder einen Großteil der Berufsgruppe umfassen muss. Die Hürde nehmen die Bayern aus Sicht der Bundespflegekammer nicht. Der Maßstab ist also nicht, eine besonders starke – also auch gemeinsame – Stimme für die Pflege zu sein. Der Maßstab ist Zwangsmitgliedschaft und Zwangsbeiträge. Völlig absurd wird es, wenn dann der Deutsche Pflegerat als Partner an Bord ist. Denn dessen Mitgliedsverbände gründen sämtlich auf freiwilliger Mitgliedschaft.
Bereits ohne große Anstrengungen lässt sich die Scheinheiligkeit des Anspruches auf eine Vertretung eines Großteils der Berufsgruppe durch die im Pflegerat beteiligten Verbände entlarven. So gibt der Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland e.V. (BeKD e.V.) seine eigene Mitgliederzahlen (Stand 14. Juni 2019) mit ca. 1.500 an. Auf der Internetseite des Verbandes wird die Zahl der „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen“ mit insgesamt gut 50.000 angegeben. Davon, dass der Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland e.V. (BeKD e.V.) einen Großteil der Berufsgruppe vertritt, kann also offenkundig keine Rede sein. Über den Pflegerat darf man aber in der neuen Bundespflegekammer mitmischen.
Die Ausgrenzung der bayerischen Vereinigung der Pflegenden aus der Bundespflegekammer ist offenkundig ideologisch begründet. Ein Modell, dass ohne Mitgliedszwang und Zwangsbeiträge auskommt, ist den selbsternannten Interessenvertretern der Pflege ein Dorn im Auge. Und wichtiger als eine gemeinsame Stärkung der Pflege ist die Abgrenzung von solchen Modellen und die Ausgrenzung dieser in Bayern als Körperschaft des öffentlichen Rechts geschaffenen Organisation.Kritisch muss zudem die Vermischung von privat und öffentlich-rechtlich – also zwischen den Pflegekammern und dem Pflegerat – gesehen werden. Sowohl im Hinblick auf die Verwendung von Mitteln als auch für die Öffentlichkeitsarbeit gelten für private Verbände andere Regeln als für Körperschaft des öffentlichen Rechts. Entsprechende Vermischungen auf Bundesebene (z.B. im Handwerk, aber auch bei Ärzten und Apothekern) stehen schon seit Jahren in der Kritik.