01.12.2020
Krachende Niederlage für die Handwerkskammer Ulm - rechtswidriges Millionenvermögen enttarnt - Die verschwundene Million Das war ein denkwürdiger Termin vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen am Montag, den 30. November 2020. Verhandelt wurde über die Beitragsveranlagung eines bffk-Mitgliedes für das Jahr 2018. Also stand die Haushaltsplanung und Rücklagenbildung für dieses Wirtschaftsjahres auf dem Prüfstand.
Die Handwerkskammer fühlte sich unangreifbar, hatte sie doch noch im August 2020 vor einem wenig interessierten Verwaltungsgericht Stuttgart ein vergleichbares Verfahren (Haushaltsjahr 2017) gewonnen. In Sigmaringen aber traf die HWK auf ein waches und aktenkundiges Gericht. In wenigen Minuten wurde eine nachgerade desaströse Haushaltsführung bloßgelegt. Minutenlanges Schweigen, hektisches Blättern in Akten, intensives Tuscheln und selbst eine Sitzungsunterbrechung .... all dies führte nicht zu überzeugenden und logisch nachvollziehbaren Antworten. Stattdessen wurde deutlich, dass die HWK nicht nur massiv gegen staatliches Haushaltsrecht verstößt, dass die HWK das eigene Satzungsrecht verletzt, sondern dass selbst die einfachsten Regeln der kaufmännischen Buchführung nach dem Handelsgesetzbuch verletzt werden. Die Vertreter der Handwerkskammer mussten zugeben, dass Rücklagen willkürlich und in unzulässiger Weise hin- und hergebucht werden. Das Beispiel der „verschwundenen Million“ illustriert die Machenschaften der HWK-Funktionäre. Mit der Aufstellung des Wirtschaftsplanes 2018 plante die HWK einen sogenannten Rücklagenabbau in Höhe von ca. 2,6 Millionen. Tatsächlich wurde das Geld in rechtswidriger Weise ins Eigenkapital verschoben. Aber diese Verschiebung lässt sich anhand der Gewinn- und Verlustrechnungen immerhin nachvollziehen. Im Jahr zuvor waren die Rücklagen um 1 Millionen Euro reduziert worden. Wo diese Million gelandet ist, lässt sich weder den Bilanzen noch den Gewinn- und Verlustrechnungen entnehmen. Die Frage des Gerichts führte bei den HWK-Vertretern zu einem nachhaltigen Schweigen. Das einzige Angebot einer Antwort - an Absurdität kaum zu überbieten - der zuständigen Geschäftbereichsleiterin lautete dann: „wahrscheinlich hätte man diese Million jetzt in der Kasse“. Eines war also sicher: die Mitglieder haben ihr Geld nicht zurückbekommen. Das Ende - das Urteil zugunsten des bffk-Klägers, der jetzt über 600 Euro spart - konnte nur für die Handwerkskammer eine Überraschung darstellen. Gegen das fehlerhafte Urteil des VG Stuttgart aus dem August ist die Berufung anhängig, die durch die Entscheidung des VG Sigmaringen nun ordentlich Rückenwind erhält. Denn das strukturelle Gestümpere beim Umgang mit den der HWK anvertrauten Millionen der Mitglieder war selbstverständlich nicht nur auf das Jahr 2018 beschränkt. Vielleicht kann der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim im Berufungsverfahren das Rätsel der verschwundenen Million lösen.